MLgSA

Daten- und Simulationsgestützte Exploration, Analyse und Behandlung von Gefäßverengungen zur Prävention von ischämischen Schlaganfällen

Bei gleichzeitiger sinkender Bevölkerungsanzahl und zunehmender Lebenserwartung wird der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung westlicher Industrienationen zunehmend größer. Höheres Lebensalter geht jedoch mit einer zunehmenden Häufigkeit schwerer Erkrankungen einher, was sich wiederum auf die gesamte Gesellschaft auswirkt und Wirtschaft, Bevölkerung, Kommunen, Gesetzgeber und Wohlfahrtseinrichtungen vor neue Herausforderungen stellt. Die Manifestation schwerer Erkrankungen zu vermeiden ist daher von größter Bedeutung.

Zu den häufigsten schweren Erkrankungen im höheren Lebensalter gehören Herz- und Kreislauferkrankungen -- neben Herzinfarkt bildet hier der Schlaganfall einen wesentlichen Schwerpunkt. Ähnlich zur Behandlung eines verengten Herzkranzgefäßes zur Verhinderung eines Herzinfarktes, kann durch die rechtzeitige Beseitigung einer Verengung im Bereich der Halsarterie das Risiko eines Schlaganfalls reduziert werden. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, den richtigen Zeitpunkt zur Behandlung einer Gefäßverengung zu bestimmen. Behandelt man zu früh, setzt man den Patienten einem unnötigen Risiko aus und erzeugt unnötige Kosten. Behandelt man zu spät, kann der Schlaganfall bereits eingetreten sein, wobei der Patient unter Umständen eine schwere Behinderung erleidet, was neben dem tragischen Einzelschicksal auch eine erhebliche Belastung der Volkswirtschaft darstellt.

Der Entschluss zu einem Eingriff und danach auch die Entscheidung, welcher Eingriff letztendlich durchgeführt wird, basiert auf einer Vielzahl von Kriterien. Hierzu gehören z.B. Alter und Geschlecht des Betroffenen, soziales Umfeld, Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen, Risikofaktoren, aber auch Erfahrung und Situation des Behandelnden. Während diese Kriterien teilweise nur schwer objektivierbar sind, versucht man die Morphologie der Stenose und die Strömungsveränderung in der Verengung als objektives Kriterium heranzuziehen. Grundlage dieser Rationale sind internationale multizentrische Studien mit großen Patientenkollektiven (NASCET, ECST). Maschinelles Lernen (ML) gestattet es, bisher schwer objektivierbare Entscheidungskriterien systematisch in die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Behandlung von Schlaganfallpatienten einzubeziehen.

Von besonderer Bedeutung ist die hirnversorgende Arteria carotis deren Verengung in etwa 10% - 20% aller Fälle die Ursache für ischämische Schlaganfälle ist. Ischämische Schlaganfälle bilden wiederum mit 80% die größte Teilmenge der Schlaganfälle. In aboluten Zahlen erleiden in Deutschland demnach 20.000 bis 30.000 ein durch die Karotisstenose verursachten ischämischen Schlaganfall pro Jahr. Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für eine Pflegebedürftigkeit im Alter.

Ziel des Verbundprojekts MLgSA ist die Entwicklung von informatischen und mathematischen Analysewerkzeugen für die Verbesserung klinischer Behandlungspfade bei der Exploration, Analyse und Behandlung von Gefäßverengungen, um das daraus resultierende Risiko des ischämischen Schlaganfalls zu reduzieren. Dazu entwickeln wir neue Methoden der Blutflusssimulation und des Maschinellen Lernens sowie neue Optimierungsverfahren für Fluid-Stuktur Interaktion (FSI). Basierend auf akquirierten Bilddaten werden wir ein 3D-Modell der Halsschlagader generieren. Darauf aufbauend ist es das Ziel, das Modell für die Blutflusssimulation aufzubereiten und ein Programm zu entwickeln, welches einerseits erlaubt das 3D-Modell mit den simulierten Blutflussdaten zu explorieren, als auch mit Methoden des Maschinellen Lernens eine Empfehlung für einen operativen Eingriff zu erhalten. Letzteres werden wir mit unseren klinischen Partnern umsetzen, die uns eine Vielzahl klinischer Datensätze zur Verfügung stellen, die - ergänzt um die simulationsbasierten Daten - die Grundlage für eine Einteilung in Schlaganfall- und Nicht-Schlaganfallpatienten bilden. Dies ist die Basis für die Berechnung eines Klassifikators.

Teilprojekte

  • 05M20SJA | Teilprojekt 1 | Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 05M20UKD | Teilprojekt 2 | Technische Universität Kaiserslautern
  • 05M20UNA | Teilprojekt 3 | Universität Koblenz-Landau
  • 05M20UNA | Teilprojekt 4 | Universität Koblenz-Landau